Nicht erfasste Rohrwärme bei Einrohranlagen
In Liegenschaften mit Einrohrheizungssystem kommt es häufig vor, dass ein wesentlicher Teil der Wärme über freiliegende, nicht oder unzureichend isolierte Rohrleitungen abgegeben wird – in seltenen Fällen ist dies auch bei Zweirohrheizungssystemen möglich. Dies bezeichnet man als Rohrwärmeabgabe.
Wie hoch die Rohrwärmeabgabe ausfällt, hängt im Wesentlichen von zwei Faktoren ab: zum einen von der Isolation der Rohrleitungen, zum anderen von der Wärmeversorgung der Heizkörper. Bei Einrohrheizungen – unabhängig davon, ob senkrecht oder waagerecht verlegt – werden alle Heizkörper eines Strangs durch eine gemeinsame Leitung versorgt. Das bedeutet: Das Heizungswasser zirkuliert auch dann kontinuierlich mit hoher Temperatur, wenn die Heizkörper abgestellt sind.
Ein Korrekturverfahren wie dieses nach VDI 2077 kann Unzulänglichkeiten der Anlagentechnik selbstverständlich nicht ausgleichen. Um zukünftig von einer optimierten Betriebsweise zu profitieren, sollten Mängel zeitnah behoben und die Anlagentechnik sollte auf den neuesten Stand gebracht werden. Natürlich nur, soweit dies technisch möglich und wirtschaftlich sinnvoll ist.
Die VDI-Richtlinie gibt aber Empfehlungen zur Reduktion der Rohrwärme:
- Heizanlage optimieren:
- Hydraulischer Abgleich
- Regelung der Vorlauftemperatur, hohe Temperatur senken
- Auswahl geeigneter Pumpen
- Bauliche Maßnahmen (z. B. Dämmung)
- Erfassung und Abrechnung verbessern:
- Grundkostenanteil hoch ansetzen, 50%!
- Gemeinschaftsräume erfassen
- Trinkwassererwärmung erfassen
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit seinem Urteil vom 15.3.2017 (AZ: VIII ZR 5/16) die bisherige Rechtsprechung zur Rohrwärmekorrektur und deren Berücksichtigung in der Heizkostenabrechnung geändert.
Hintergrund
Nach § 7 Absatz 1 Satz 3 Heizkostenverordnung kann „in Gebäuden, in denen die freiliegenden Leitungen der Wärmeversorgung überwiegend ungedämmt sind und deswegen ein wesentlicher Anteil des Wärmeverbrauchs nicht erfasst wird, der Wärmeverbrauch der Nutzer nach anerkannten Regeln der Technik bestimmt werden“.
Die herrschende Rechtsprechung hatte bislang die Korrektur nach der Norm VDI2077 – Beiblatt „Rohrwärme“- auch dann gefordert, wenn die Leitungen nicht frei, sondern unter Putz oder im Estrich liegen, weil der beschriebene Effekt unabhängig davon eintritt.
Aktuelles Urteil des BGH
Der BGH hat entschieden, dass eine Anwendung der VDI 2077 nur in Betracht kommt, wenn die Rohrleitungen überwiegend ungedämmt und freiliegend sind.
Zukünftig muss also vor Anwendung des Ausgleichs nach den Richtlinien der VDI 2077 festgestellt werden, ob die Rohrleitungen überwiegend freiliegend sind, d.h. sichtbar auf Putz verlaufen.
Sind die Rohre nicht auf dem Putz verlegt, darf eine Korrektur nach den Regeln der Technik vorerst nicht mehr zur Anwendung kommen.